Gemeinsames Problem und Entwicklung

Arzneimittelallergien und Arzneimittelunverträglichkeiten sind ein häufiges Problem. Zwei bis drei Prozent der Bevölkerung sind betroffen. „Da der Medikamentenverbrauch stetig zunimmt, steigt auch die Zahl der allergischen Reaktionen und Unverträglichkeiten. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Der Grund dafür sind wahrscheinlich Hormone“, sagt Professor DDr. Wolfram Hötzenecker, Leiter der Klinischen Dermatologie und Venerologie am Kepler Universitätsklinikum und Leiter des Allergiezentrums am Kepler Universitätsklinikum. Je öfter ein Medikament eingenommen wird, desto größer ist das Risiko, eine Allergie dagegen zu entwickeln. Ältere Menschen sind daher zunehmend von Arzneimittelallergien betroffen. Die Darreichungsform der Wirkstoffe ist für die Häufigkeit und das Ausmaß einer Arzneimittelallergie unerheblich. Daher spielt es keine Rolle, ob die Medikamente in Tablettenform oder durch Infusionen, Injektionen oder als Salbe eingenommen werden.

Allergie gegen Intoleranz

Unterschieden wird zwischen medikamentenbedingten Allergien und der einfachen Unverträglichkeit bestimmter Wirkstoffe. Die Beschwerden überschneiden sich und ähneln sich in vielerlei Hinsicht. Der wichtigste Unterschied: Arzneimittelunverträglichkeiten sind nur unangenehm, aber nicht gefährlich, während Allergien lebensbedrohliche Zustände hervorrufen können. Bei Allergien spielt die Dosis des Medikaments für die Symptome keine Rolle. Schon eine kleine Menge Antibiotikum kann eine starke allergische Reaktion hervorrufen. Bei einer Unverträglichkeit hingegen wirkt sich die Dosis auf die Symptome aus, so kann beispielsweise ein ganzes Schmerzmittel deutlich mehr Probleme bereiten als ein halbes Schmerzmittel. Während Unverträglichkeiten auf erblichen Schwächen beim Abbau bestimmter Stoffe beruhen, entsteht eine allergische Reaktion, wenn das Immunsystem eine falsche Reaktion auf einen bestimmten Stoff erlernt. Daher reagiert die Immunabwehr falsch und wertet einen bestimmten Wirkstoff als feindlichen Angriff, den es abzuwehren gilt. Alle Arzneimittel können allergische oder allergische Unverträglichkeitsreaktionen hervorrufen. Die folgenden Gruppen haben häufig Probleme:

Antibiotika: Hier zeigt sich die Wirkung der allergischen Reaktion oft erst ab dem sechsten oder siebten Einnahmetag. Allergische Reaktionen sind auch bei einigen Krebsmedikamenten üblich Schmerzmittel: Meist eine Unverträglichkeit, nur selten eine allergische Reaktion. Häufige Symptome sind Hautausschlag, Bauchschmerzen und Kopfschmerzen. Auch bei Röntgenkontrastmitteln und Lokalanästhetika (z. B. Injektionen beim Zahnarzt) treten häufig Unverträglichkeiten auf.

Allergische Kreuzreaktionen

Kreuzreaktionen treten nur bei Allergien und nicht bei Unverträglichkeiten auf. Kreuzreaktivität bedeutet, dass eine Reaktion nicht nur mit einem ganz bestimmten Wirkstoff vorliegt, sondern auch mit anderen Wirkstoffen, die strukturell verwandt sind oder ähnliche Eigenschaften haben (z. B. verschiedene Penicilline). Besonders problematisch sind Kreuzreaktionen bei Antibiotika. Wenn Sie im Notfall eine ganze Reihe verschiedener Antibiotika nicht vertragen, kann Ihr Leben in Gefahr sein. Bei einer einfachen Unverträglichkeit eines Medikaments (z. B. eines bestimmten Schmerzmittels) werden andere (Schmerz-)Medikamente ohnehin vertragen, sodass ein Medikamentenwechsel in der Praxis kein Problem darstellt.

Wichtige Diagnose

Allergische Reaktionen sollten als Patient nicht ernst genommen werden, da sie erhebliche Probleme verursachen können. „Generell sollte man eine mögliche Allergie nicht herunterspielen, sondern ärztlich abklären“, rät Professor Hötzenecker.
Erster Ansprechpartner für die Diagnostik ist der Hausarzt. In vielen Fällen lässt sich eine Allergie oder Unverträglichkeit bereits durch die Beschreibung der Symptome und des zeitlichen Zusammenhangs mit der Einnahme des Medikaments diagnostizieren.
In der Regel wird das verdächtige Medikament zur Diagnosestellung abgesetzt. Die Diagnose ist schwierig, wenn ein Patient mehrere Medikamente einnimmt und das Symptom (z. B. Hautausschlag) keinem bestimmten Medikament zugeordnet werden kann. In unklaren Fällen können spezialisierte Zentren (in Krankenhäusern) verschiedene Tests zur Feststellung einer Allergie durchführen (diese sind jedoch kein Standard, da sie kompliziert und teuer sind). So stehen beispielsweise Hauttests (Test mit Test), Bluttests und sogenannte Provokationstests zur Verfügung.
„Eine Möglichkeit, dies zu diagnostizieren, besteht darin, zunächst alle Medikamente unter ärztlicher Aufsicht abzusetzen und nach und nach wieder einzunehmen. Das ist aufwändig, lohnt sich aber für Patienten, für die eine allergische Reaktion ein echtes Problem darstellt“, sagt Professor Hötzenecker.
Eine weitere praktische Herausforderung in Krankenhäusern ist zum Beispiel die Situation, wenn ein Patient ein Penicillin-Antibiotikum benötigt, aber von Kindheit an zu wissen glaubt, dass er ein solches Medikament damals nicht vertragen konnte. Da es mehr als 30 verschiedene Formulierungen gibt, muss nun geprüft werden, welche vertragen werden kann.

Symptome erkennen

Allergische Symptome treten entweder als Sofortreaktion oder als Spätreaktion auf. Sofortige Reaktion bedeutet, dass die Symptome innerhalb von Minuten nach der Einnahme des Arzneimittels auftreten. Die Symptome einer allergischen Sofortreaktion treten als sogenannte anaphylaktische Reaktionen auf. Sie betreffen vor allem die Haut (Rötung, Überwärmung und Juckreiz der Haut), die Atemwege („der Hals wird eng“), den Magen-Darm-Trakt (Durchfall) und das Herz-Kreislauf-System bis hin zur Ohnmacht. Bei schwereren Verläufen kann es im Extremfall zum anaphylaktischen Schock mit Atemstillstand und Herz-Kreislauf-Versagen kommen.
Verzögerte Reaktionen treten hauptsächlich auf der Haut auf. Sie treten häufig bei Antibiotika auf, zum Beispiel wenn ein Hautausschlag erst mehrere Tage nach Einnahme der ersten Tablette auftritt. Solche Reaktionen sind normalerweise harmlos und verschwinden von selbst. In seltenen Fällen treten jedoch schwerwiegende oder sogar lebensbedrohliche Zustände auf, beispielsweise wenn die oberen Hautschichten großflächig absterben. „Dann sieht es aus wie Verbrennungen und muss sofort auf der Intensivstation behandelt werden“, sagt Professor Wolfram Hötzenecker.

sie reagieren richtig

Wenn Sie als Patient eine unerwünschte Nebenwirkung bemerken, sollten Sie das Medikament absetzen und mit Ihrem Hausarzt über alternative Medikamente sprechen. Auch wenn die auftretenden Symptome mit der Zeit meist von alleine verschwinden, sollten Sie das Medikament nicht einfach weiter einnehmen und die Problematik ignorieren, denn auch die Reaktionen können sich bei weiterer Einnahme deutlich verschlimmern. Kann eine Arzneimittelallergie verschwinden? „Wer gegen Penicillin allergisch ist, muss Penicillin grundsätzlich lebenslang meiden. Es sind jedoch Fälle bekannt, bei denen Patienten nach 15 oder 20 Jahren plötzlich keine allergische Reaktion mehr hatten und das Medikament wieder vertragen“, sagt der Dermatologe. Je nach Schwere der Symptome werden sie gegebenenfalls mit Medikamenten wie Kortison behandelt. Eine Heilung der Allergieursache ist nicht möglich und eine Desensibilisierungsbehandlung wie bei einer Pollenallergie ist nicht möglich. Wenn ein Patient aufgrund einer schweren Erkrankung (z. B. Mukoviszidose) dringend ein bestimmtes Arzneimittel benötigt, auf das er allergisch reagiert, bieten einige Krankenhäuser (in spezialisierten Zentren) die Möglichkeit der sogenannten Toleranzinduktion an. Das Arzneimittel wird sehr langsam und tropfenweise verabreicht, damit sich der Körper für kurze Zeit an den Wirkstoff gewöhnt und nicht heftig reagiert. So ist es möglich, bei bestehender Allergie das wichtige Medikament kurzzeitig verabreichen zu können.

Allergie-Intoleranz-Pass

Jeder Patient mit einer Medikamentenallergie oder -unverträglichkeit sollte einen von einem Arzt ausgestellten Allergie-Unverträglichkeitsbogen haben. Hier sollten Sie alle Angaben zu nachgewiesenen Allergien oder Unverträglichkeiten, möglichen Kreuzreaktionen und alternativen Formulierungen machen. „Am besten lassen Sie die Eintragungen von einem Arzt vornehmen, denn er weiß, welche Informationen wichtig sind und welche nicht“, sagt Professor Hötzenecker. Patienten sollten diesen Pass immer bei sich tragen und gegebenenfalls Arzt und Apotheker über ihre Allergie oder Unverträglichkeit gegenüber Arzneimitteln informieren. Weitere Artikel zum Thema Gesundheit finden Sie auf meinegesundheit.at, die diesen Artikel zur Verfügung gestellt haben. Dr. Thomas HartlAugust 2022 Bilder: Shutterstock.com/Jasmin Awad