Beim Eidgenössischen 1998 in Bern legte Werner Vitali mit einem Sieg über Schwingerkönig Adrian Käser den Grundstein für die Qualifikation zur Finalrunde. Marcel W. Perren (Text) und Sven Thomann (Fotos)
Im heldenhaften Kampf um die Swinger-Krone scheiterte Werner Vitali in letzter Minute. 1998 musste sich der gebürtige Luzerner im altehrwürdigen Wankdorfstadion im Bundesfinale dem damals 19-jährigen Jörg Abderhalden geschlagen geben. Der Wohnsitz des 55-Jährigen gleicht inzwischen einem Königreich – seit zehn Jahren lebt er mit seiner Partnerin in einem Schloss in der zentralfranzösischen Auvergne. Seine Bemühungen hat der gelernte Bankkaufmann jedoch fast mit dem Leben bezahlt. Die bewegende Geschichte von Vitalis als Unternehmer beginnt am Tag nach der Schliessung des besagten ESAF in Bern. Werner trifft seinen ehemaligen Athleten Alex Lutolf. Kurz darauf übernahmen die beiden ein Tiefbauunternehmen in Sursee. Sie starten mit 60 Mitarbeitern. Weil sie ihre Arbeit so gut machen, wächst das Unternehmen bis 2012 auf 300 Mitarbeiter.

Mit 45 finanziell abgesichert

Obwohl Vitali zu diesem Zeitpunkt erst 45 Jahre alt ist, könnte er sich den Vorruhestand finanziell leisten. Doch seit er zu einer Hochzeit auf einem Eventschloss in Italien eingeladen war, verfolgt ihn der Gedanke an ein eigenes Schlossprojekt. Der Gewinner von 56 Kronen fand in einem Landgut in der Nähe der Stadt Souvigny das richtige Objekt. „Als wir zum ersten Mal hierher kamen, erinnerte mich das Schloss an eine Ruine. Aber wir haben das Potenzial gesehen und die Gegend hat uns so gut gefallen, dass wir das Grundstück gekauft haben.“ Zusammen mit seiner Esthi muss Vitali viel Schweiß und noch mehr Geld investieren, bis das Schloss wieder im alten Glanz erstrahlt. Als Alternative zu den Wohnungen im Schloss werden aus den Pferdeställen sieben Gästehäuser gebaut, die viele dekorative Details enthalten werden. Insgesamt bietet das Schloss Vitalis Platz für 43 Gäste. “Ich habe so viel Geld für die Renovierung ausgegeben, wie ich für den Kauf dieses Palastkomplexes bezahlt habe.” Da Vitali während der Umbauphase auch als Bürgermeister in Mauensee tätig ist, pendelt er regelmäßig mit dem Auto zwischen Frankreich und der Schweiz. Am Abend des 14. August 2014 erhielt er den Lohn für diesen Dauerstress.

Herzstillstand mit 47

Er sitzt vor dem Fernseher und wird plötzlich von Schmerzen in der Brust geplagt. Er ruft den Notruf 144 an. Als der Krankenwagen bei ihm ankommt, ist es fast zu spät: Vitalis hat einen Herzinfarkt und inzwischen ist sein Herz sogar komplett stehen geblieben! Deshalb ist es ein kleines Wunder, dass Vitalis noch lebt. Inzwischen kann er diesem dramatischen Vorfall sogar Positives abgewinnen. „Ich brauchte diesen Herzinfarkt, um mich zu verlangsamen. Und die Tabletten, die ich seitdem nehmen muss, erinnern mich jeden Tag daran, dass ich nicht wieder frech sein werde.” Wie schnell alles enden kann, zeigten Vitaly in den letzten zwei Jahren erneut die schweren Schicksalsschläge in seiner Familie. Im Sommer 2020 starb sein Bruder Albert, der für die FDP im Nationalrat kandidierte, im Alter von 65 Jahren. Und in diesem Frühjahr starb einer seiner Neffen im Alter von 32 Jahren an akutem Herzversagen.

Zusammenarbeit mit Rammstein

Das ist einer der Gründe, warum der zweifache Krönungsfestsieger stressige Aktivitäten meidet, obwohl seine Schlosswohnungen viele Besucher anziehen: „Ich habe hier immer etwas zu tun, aber ich muss nicht mehr unter Hochdruck arbeiten. Ich kann mir selbst einteilen, wann ich den Pool putze, wann ich die Zaunlatten streiche oder wann ich den Rasen mähe.“ 2016 hatte der vierfache Eidgenössische im Hauptberuf ein letztes Mal richtig Erfolg, als er mit den Top-Acts «Rammstein» und «Iron Maiden» das Riesenkonzert «Allmend rocks» in Luzern mitorganisierte. „Ein Bekannter, der eine Musikagentur besaß, fragte mich, ob ich nicht Lust hätte, bei der Organisation eines so großen Events mitzuhelfen. Diese Folge mit Rammstein und Iron Maiden war eine tolle Erfahrung. Danach habe ich mich eh von dieser Branche verabschiedet, die Abhängigkeit von Dritten war mir zu viel.“ Statt Heavy-Metal-Sound bekommt er heute eine gehörige Portion Schweizer Folklore geboten – Vitali hat am Freitag sein Schloss verlassen und ist nach sechs Stunden Fahrt in Pratteln angekommen. Tief in Wernis grossem Herzen liegt der Wunsch, dass jemand aus der Innerschweiz das tut, was er vor 24 Jahren versäumt hat: den Schwinger-Thron erobern. Hausileuteegger bei ESAF: „Ich gehe keinen Meter, ich mache schon mein erstes Selfie“ (02:50) Experten am ersten ESAF-Tag: „Giger brach unter Druck zusammen“ (10.56 Uhr) Weltklasse-Stimmung: Jubel, Rufe, Karten – die ESAF-Festhütte brodelt (01:50)