Der Gaszuschlag wird für die Ampel immer mehr zum Problem – vor allem für Finanzminister Habeck. Auch aus der Koalition kommt Kritik. Und dann startet auch die SPD die Debatte um die Supergewinnsteuer neu. Von Kai Küstner, ARD-Hauptstadtstudio

Es ist die Präzision, die dieser Gasverteilung fehlt – darin scheinen sich fast alle einig zu sein. Die Koalition fragt, warum Verbraucher nicht nur notleidende Unternehmen retten sollten, sondern auch Unternehmen, die große Gewinne machen. Logo NDR Kai Küstner ARD Hauptstadtstudio Aber die Opposition fordert natürlich, etwas lauter zu werden: „Habecks Abschöpfung“ dürfe nicht Realität werden, schimpft der Chef der CSU-Landesgruppe, Alexander Dobrindt, in einem Interview im ARD-Hauptstadtstudio. Dies sei „ein unmöglicher Prozess“, der gleichzeitig Rekordgewinne für Unternehmen und Rekordbelastungen für Bürger verursache, und müsse gestoppt werden. Sie bezieht sich auf eine Petition der Union an den Bundestag, die die Gasumlage kippen soll.

“Nicht eingreifen”

Viel weniger erwartet und deshalb noch unangenehmer für Bundesfinanzminister Robert Habeck ist, was er jetzt von seinen Koalitionspartnern hört. „Es ist nicht übertragbar, dass Bürger zahlen, damit gewinnorientierte Unternehmen dann noch höhere Gewinne machen“, sagte Niedersachsens SPD-Ministerpräsident Stefan Weil gegenüber Daily Matters und forderte: „Dann erwarte ich vom Bundesfinanzminister entsprechende Vorschläge. dafür.”

Und SPD-Fraktionschef Lars Klingbeil wird noch deutlicher: Er kritisierte Habeck in „Zeit Online“ wegen „technischer Fehler“ bei der Zuordnung.

Und auch der FDP-Koalitionspartner will sich als Stimme im Chor der Kritiker Gehör verschaffen: Der FDP-Abgeordnete Michael Kruse erinnert daran, dass an der Ampel zunächst ein zweistufiges Verfahren vereinbart wurde: Erste Hilfe für Unternehmen, die in Schieflage geraten sind – und wenn damit nicht genug, dann die Einführung der Gasladung. „Ich bin ein bisschen überrascht, dass Robert Habeck das nicht von Anfang an so gemacht hat“, witzelt Kruse.

Habeck will sich verbessern

Habeck hatte bereits angekündigt, sich verbessern zu wollen. Nur: Es wird rechtlich nicht einfach sein, die Abgabe, die auf einer breiten Palette basiert, präzise zu gestalten. Vorweg warnte der Grünen-Politiker vor „hohen verfassungsrechtlichen Hürden“.

Das Problem: Von den elf bis zwölf Unternehmen, die vom Aufschlag profitieren, würden neun große Gewinne machen. Das hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung ermittelt.

Und auch der Vorsitzende der Unionsfraktion, Jens Spahn, fordert im WDR-Interview dringend Verbesserungen: Auch Commerzbank und Lufthansa könne man beispielsweise in Finanzkrise und Pandemie unterstützen. Der CDU-Politiker spricht von einer “Chaos-Umlage” statt einer Gas-Umlage.

Die Linkspartei bevorzugt den Begriff “Unverschämtheit”. Aber das sollte dasselbe sagen. Daher konnte die Gasladung nicht eingespart werden. Die Vorsitzende der linken Fraktion Amira Mohamed Ali rät dem NDR, sich von der Abgabe zu verabschieden und stattdessen ein anderes Modell zu verfolgen: Unternehmen mit echten Problemen sollten unterstützt und gleichzeitig eine überhöhte Gewinnsteuer eingeführt werden. Das wäre ein vernünftigeres Modell als dieser Gaszuschlag, findet er.

Auch für die Kleingartenanlage muss sich Habeck schnell etwas einfallen lassen. Es soll ab dem 1. Oktober in Kraft treten, viel Zeit für Verbesserungen bleibt also nicht. Und wenn die gesetzlichen Grundlagen noch einmal angepackt werden sollten, würde der Bundestag einberufen, aber erst am 5. September aus der Sommerpause heraus.

Eine Frage der Genauigkeit

Während es bei der Gasabgabe um Belastungen der Bürger geht, wird auch über Entlastungen intensiv diskutiert. Und auch hier ist es eine Frage der Zielgenauigkeit.

„Der Staat muss in den sozialen Frieden investieren, in Solidarität, in den Schutz von Menschen, die jetzt Hilfe brauchen“, riet der Leiter des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, im Gespräch mit dem SWR. Es gibt viele weitere Vorschläge: IG-Metall-Chef Jörg Hofmann will eine Preisobergrenze für Gas und Strom CDU-Chef Friedrich Merz hält 1.000 Euro Energiegeld für Geringverdiener für besser als 300 Euro für alle.

Der Sound wird rauer

Und in einem Interview mit der Funke-Zeitung versucht SPD-Chef Klingbeil nun erneut, die Debatte um eine „Überschusssteuer“, eine Steuer auf Krisengewinne großer Unternehmen, anzukurbeln. FDP-Chef Christian Lindner hatte davor gewarnt, dass eine solche Steuer “das Ende der Sozialen Marktwirtschaft” bedeuten würde.

Nächste Woche geht die Laterne sozusagen von alleine in die Abgeschiedenheit, um womöglich Hilfspaket Nummer drei zu entwerfen. Es wird viel zu besprechen geben.

Gasverteilung und Entlastung: Der Ton der Koalition wird härter

Kai Küstner, ARD Berlin, 27.08.2022 15:24 Uhr