26.08.2022 von Jörn Florian Fuchs Nach sechs guten Wochen voller Opern, Konzerte und Schauspiel gehen die Salzburger Festspiele nun zu Ende – mit einer fast ausschließlich positiven Bilanz. Bildquelle: imago/imagebroker So funktionieren Feste! Alle drei Opernneuproduktionen an der Salzach waren ein voller Erfolg. Während die diesjährigen Bayreuther Festspiele mit Wagners „Tristan und Isolde“ und einem neuen „Ring des Nibelungen“ in Sachen Bühnen-, Gesangs- und Orchesterleistung zu kämpfen hatten, zeigte Salzburg, wie großartig, ja sogar großartige Oper sein kann.

Castellucci und Currentzis kreieren ein Feuerwerk der Emotionen

Romeo Castellucci erfindet buchstäblich brennende Bilder für Carl Orffs „De temporum fine comoedia“. | Bildquelle: © SF / Monika Rittershaus Am Anfang stand ein eigenwilliges, provokantes Musiktheater-Duo: Béla Bartóks „Blaubarts Burg“ und Carl Orffs „De temporum fine comoedia“. Das Gesamtkunstwerk von Romeo Castellucci brachte zunächst eine präzise psychologische Studie ans Licht, die im Dunkeln und Düsteren stattfand, und folgte dann einem akribisch akribischen Ritual. Carl Orff befasste sich mit den ersten und letzten Dingen, die Musik wütete existentiell, stampfte, während Castellucci buchstäblich brennende Bilder erfand. Mit viel Feuer und Tanz wurde eine archaische Welt geschaffen, inklusive ultimativer Erlösung für Blaubart und Judith. Mit dem Gustav Mahler Jugendorchester und drei Chören schuf Teodor Currentzis ein Feuerwerk an Emotionen und Klangereignissen.

Perfektes Opernkino im „Il Trittico“

In Salzburg lange ungeliebt, wurde Puccini dank Regisseur Christoph Loy und Franz Welser-Möst am Dirigat der Wiener Philharmoniker zum Triumph. Das Triptychon „Il Trittico“ erzählt eine lustige Geschichte über verborgenes Erbe, den Nervenkitzel des Liebesverrats, die Bewegung um Trauer und Verlust. Asmik Grigorian sang mit ihrem wunderbaren Sopran alle drei weiblichen Hauptrollen und nicht nur da stimmte alles: eine satte Szenografie, exzellente Führung und perfektes Opernkino aus dem Grab!

Neuinterpretation von „Katja Kabanova“ von Barrie Kosky

Barrie Kosky interpretiert Leoš Janáčeks „Katja Kabanova“ neu und verdichtet. | Bildnachweis: SF / Monika Rittershaus Die dritte Farce der Salzburger Festspiele widmete Leoš Janáček „Katja Kabanova“. Einst legendär unter der Regie von Christoph Marthaler, nun neu und verdichtet interpretiert von Barrie Kosky. Kosky gelang das Kunststück, die riesige Felsenreitschule zum perfekten Ort für ein Kammerspiel zu machen, auch dank Franck Evins cleverer Beleuchtung und einer im Saal immer wieder neu positionierten Puppengruppe. Präzise Führung und Jakub Hrůša auf der Bühne der Wiener Philharmoniker, der alle Nuancen der Partitur genoss, sorgten einmal mehr für pures Opernglück!

Barenboim und Pollini machen sich Sorgen

Zwei Dinge haben mich diesen Sommer besonders beunruhigt. Daniel Barenboim war seit einiger Zeit schwer krank und wollte dennoch ein Konzertprogramm mit dem zweiten Akt von Camille Saint-Saëns „Samson et Dalila“ und Wagners „Parsifal“ dirigieren. Er gab fast kein Zeichen von sich und hatte Mühe, die Seiten der Musik umzublättern. Die Wiener Philharmoniker haben sich hier wirklich nicht als Stütze erwiesen und sich irgendwie durchgesetzt. Brillant war nur Elīna Garanča, die offensichtlich keinen Rhythmus braucht, um Dalila und Kundry mit ihrem feurigen Mezzo zum Leben zu erwecken. Und der achtzigjährige Pianist Maurizio Pollini, der jeden Sommer in Salzburg gastiert, erlitt kurz vor seinem Konzert einen Herzinfarkt und das geschockte Publikum wurde nach Hause geschickt.

In Erinnerung bleiben Lea Desandre, Quatuor Ébène und Wolfgang Rihm

Aus dem anderen, sehr reichhaltigen Konzertprogramm erinnern wir uns an Lea Desandres popbarocke Darbietung mit dem Jupiter-Ensemble und dem wunderbaren Quatuor Ébène mit Janáčeks „Kreutzer-Sonate“ – und einer Hommage an den vielleicht wichtigsten zeitgenössischen Komponisten: Wolfgang. Reich.

Currentzis: Künstlerischer Erfolg gegen umstrittene Sponsoren

Wie in der Vor-Corona-Zeit gab es überall viele Diskussionen und manchmal auch Streit – nicht nur über die Kunst, sondern beispielsweise auch über die Rolle des Dirigenten Teodor Currentzis und die Musik seines in Russland ansässigen Orchesters Aeterna, das von umstrittenen Sponsoren unterstützt wird. Künstlerisch war die Show ein voller Erfolg und die Diskussion wird sicherlich weitergehen. Im Vorfeld der Festspiele schien eine Diskussion über toxische Sponsoren in Salzburg eher deplatziert und kam erst richtig in Gang, nachdem die Festspiele selbst längst die richtigen Kontrollen und Schritte unternommen hatten. Festival-Bashing ist für einige zu einem neuen, scheinbar profitablen Geschäftsmodell geworden! Salzburg 2022 – das war ein bunt funkelndes Sommerfest, bei dem das Wetter eine große Rolle spielte. Auf dem Domplatz konnten fast alle Aufführungen des berühmten „Jedermanns“ stattfinden. Vorführung: “Piazza” am 27. August 2022 ab 6:05 Uhr. im BR-KLASSIK