„Das war sicher eines meiner prägendsten Erlebnisse und sehr eindrücklich“, erinnert sich der langjährige Kulturbürgermeister Manfred Fass (ÖVP) von Laa an der Thaya, „wobei ich auch sagen muss, dass ich das sehr schätze Von der historischen Tragweite dieser Aktion hatte ich an diesem Tag keine Ahnung.” Denn wenige Monate zuvor schien das Ende des Eisernen Vorhangs wie eine Utopie.

Ein Leben an der “toten Grenze”

Fast 40 Jahre lang war die Stadt „am Abgrund“. Kindern sei es verboten, sich in die Nähe der Grenze zu begeben, erinnert sich Fass an seine Kindheit: “Ich dachte immer, da steht wirklich eine eiserne Mauer, das Ende der Welt.” Das Licht brennt auch, erst da habe ich gemerkt, dass dort auch Menschen wohnen.” ZAHLEN Diese Situation hat der Region nicht nur wirtschaftlich geschadet, sondern auch psychisch geprägt. Erst 1979 sei eine “kleine Lücke in der Staatsgrenze” geöffnet worden, sagt Fass, als ein Straßenübergang eröffnet wurde – für maximal zehn Übergänge pro Tag. Doch zehn Jahre lang habe es „keine Hoffnung gegeben, dass sich etwas Entscheidendes ändern würde“. mehr zum Thema

Als die grüne Grenze zur Todeszone wurde

Zehn Jahre, in denen immer wieder Menschen bei dem Versuch, in die freie Welt einzudringen, ihr Leben ließen. Rund 180 Menschen starben entlang des Weinviertler Abschnitts des Eisernen Vorhangs – mehr als an der Berliner Mauer. „Es lässt einen frösteln, zu hören, unter welchen Bedingungen die Leute es versucht haben“, sagt Fass.

Brechen Sie die Energieblöcke

Anfang 1989 entsprach Europa noch der alten Ordnung. Im “Kalten Krieg” standen sich zwei Machtblöcke im Westen und im Osten gegenüber. „Wenn jemand im Frühjahr gesagt hätte, dass die Berliner Mauer im Dezember nicht mehr stehen würde, hätten sich die Leute für verrückt gehalten“, sagt die Historikerin Julia Köstenberger. Doch dann wendeten sich die Ereignisse zum Schlechteren – mit unerwarteter Geschwindigkeit.

Erfolgreiche und gescheiterte Fluchtversuche über die Grenze

Zunächst begannen reformistische Kommunisten in Ungarn – mit Unterstützung Moskaus – zwei verschiedene Welten einander näher zu bringen. Am 2. Mai 1989 wurde der Abbau der Grenzsicherungssysteme angekündigt: der Grundstein für den Fall des Eisernen Vorhangs. „Das war eine wichtige Entwicklung, denn sie brachte die Dinge ins Rollen und das System geriet ins Wanken“, sagt Köstenberger.

Paneuropäisches Picknick

Am 19. August fand in der Nähe von Sopron und St. Margarethen (Burgenland) das sogenannte „Paneuropäische Picknick“ statt, weil die ungarischen Grenzschützer einfach wegschauten. Über 600 DDR-Bürger wurden durch ein offenes Grenztor aus Ungarn nach Österreich entlassen. Es war die größte Fluchtaktion seit dem Mauerbau. Am 27. Juni 1989 durchbrachen Mock und sein ungarischer Amtskollege Gyula Horn den „Eisernen Vorhang“ bei Klingenbach (Burgenland), was mediales Aufsehen erregte. ORF Am 27. Juni 1989 durchschnitten Außenminister Alois Mock (links) und sein ungarischer Amtskollege Gyula Horn (rechts) unter medialer Aufmerksamkeit den „Eisernen Vorhang“. Kaum jemand ahnte, dass diese Aktion der Anfang vom Ende des Ostblocks sein würde. “In der Tschechoslowakei war damals nicht viel los”, sagt der Historiker. Erst im Herbst, am 17. November, kam es in der CSSR zu weiteren Demonstrationen, unter anderem zur Feier von 50 Jahren Nazi-Terror. “Gleichzeitig war es auch eine Demonstration gegen das Regime.”

“Samtene-Revolution”

Es war der Beginn der „Samtenen Revolution“: Mit den Schlüsseln in der Hand drückten die damals noch in einem Staat vereinten Tschechoslowaken auf dem Wenzelsplatz in Prag ihre Unzufriedenheit mit den sozialen, wirtschaftlichen und politischen Restriktionen im Land aus . im Herbst 1989 und das Ende des KP-Regimes begann. Wenige Tage zuvor – am 9. November – fiel in der deutschen Hauptstadt die Berliner Mauer.

CSSR: Die „samtene Revolution“ stürzt Regime

Auch entlang der niederösterreichischen Grenze seien diese Ereignisse sehr genau beobachtet worden, sagt Fass: „Wir haben gehofft, dass sich die Tschechoslowakei auch so entwickelt wie in Ungarn und nicht wie 1968 zusammenbricht, das war unsere Hoffnung, aber ohne Gewissheit.“

Ende der Visumspflicht

Am 1. Dezember gab es Hoffnung. „Österreich wird die Visumspflicht für CSSR-Bürger ab sofort bis zum 17. Dezember einseitig aufheben.“ Mit dieser Dringlichkeitsmeldung der Austria Presse Agentur (APA) sollte ein weiterer wichtiger Schritt zur Demokratisierung der Tschechoslowakei (CSSR) provoziert werden. Weiter heißt es in dem Bericht: “Das österreichische Innenministerium hat die Aufhebung der Visumspflicht mitgeteilt.” WAS Wie die APA weiter berichtete, habe das Innenministerium in Prag am Freitag inoffiziell mitgeteilt, dass „am Montag mit dem Abbau der Grenzsperren ‚Eiserner Vorhang‘ an der Grenze zu Österreich begonnen werden soll“. Der Erlass des Innenministeriums über die Abschaffung der Visumpflicht für die Bürger der E.K.S.D. tritt am Montag, den 4. Dezember um 00:00 Uhr in Kraft.

Weitere Grenzübertritte angekündigt

Knapp eine halbe Stunde nach der Erstausstrahlung meldete die APA, dass das Finanzministerium aufgrund der Grenzöffnung zur CSSR neue Grenzübergänge öffnen werde, um bereits durch polnischen Reiseverkehr stark belastete Grenzübergänge zu entlasten und neue zu schaffen Übergänge auf bisher gesperrten Grenzstrecken, zum Beispiel bei Fratres (Region Gmünd) und Bernhardstal (Region Mistelbach), um einen Anschluss an die Autobahn in der CSSR zu schaffen. Österreich

100 Jahre Niederösterreich

Als Sofortmaßnahme werden auch Bürocontainer als Provisorien geschaffen, etwa für einen neuen Durchgangspunkt für den Personenverkehr im Raum Kittsee. Zudem sollen die Erweiterungsmaßnahmen bei den Zollämtern in Kleinhaugsdorf (Kreis Hollabrunn), Drasenhofen (Kreis Mistelbach) und Berg zügig abgewickelt werden. Die Akzeptanz bei den Landespolitikern war groß. Landeshauptmann Siegfried Ludwig (ÖVP) begrüßte den Fall des „Eisernen Vorhangs“: „Darauf haben die Menschen im niederösterreichischen Grenzgebiet vier Jahrzehnte lang gewartet.“ Wiens Bürgermeister Helmut Zilk (SPÖ) bezeichnete die Ereignisse in der CSSR als „einen Traum, den niemand in meiner Generation zu träumen wagen würde“.

Der langersehnte Tag

Am 4. Dezember 1989 um Mitternacht trat die offizielle Grenzöffnung der Tschechoslowakei in Kraft. CSSR-Bürger brauchten nur einen Reisepass, um ihr Heimatland zu verlassen, und für die Einreise nach Österreich war kein Visum erforderlich. Die Grenzregionen in Nieder- und Oberösterreich und insbesondere die Bundeshauptstadt Wien stellten sich auf einen massiven „Tschechoslowaken-Sturm“ ein, berichtete die APA.

4. Dezember 1989: ORF-Niederösterreich-Redakteur Werner Predota berichtet vom Grenzübergang Berg

„Es ist ein gutes Gefühl, ohne Visum und Formalitäten nach Österreich reisen zu können“, werden Angereiste zitiert. Die meisten Bürger aus dem Nachbarland, deren Autos teilweise mit kleinen CSSR-Fähnchen an den Antennen geschmückt waren, erklärten, sie nutzten ihren Aufenthalt zum „Sightseeing“ oder zum Besuch von Verwandten, nur wenige seien ausdrücklich zum Einkaufen geflüchtet.

„Lüfterl“ statt „Sturm“

Zwölf Stunden später schrieben die Reporter der Agentur “Statt ‘Sturm’ nur noch ‘Fan’”. An den Grenzübergängen war es bis Mittag eher ruhig. Nur relativ wenige Bürger aus dem nordöstlichen Nachbarland hatten es nach Wien geschafft – viele warteten noch auf ihre Pässe und Devisen. „Das hat die Bürger der CSSR natürlich überrascht“, glaubt Köstenberger. Bis zum Mittag wurden etwa 800 Autos mit 1.500 bis höchstens 2.000 Menschen bei der Besteigung des Bergpasses registriert. In Drasenhofen zählte der Zoll etwa 400 Einreisende aus der CSSR, in Kleinhaugsdorf waren es 150. In Laa an der Thaya kamen 80 Einreisende, in Grametten (Kreis Gmünd) und in Gmünd, wo erst um 8 Uhr die Gitter hochgezogen wurden, ca. 40 Der große Ansturm folgte jedoch eine Woche später.

Die Suche nach Stacheldraht

Dieser Umstand sollte heute auch symbolisch festgehalten werden. Außenminister Mock und Dienstbier trafen sich in Kleinhaugsdorf, wo sie eigentlich den Zaun durchschneiden wollten. „Nur war es nicht mehr da“, sagt Köstenberger. Denn die tschechoslowakischen Soldaten hatten an vielen Stellen an der gemeinsamen Grenze bereits damit begonnen, den „Eisernen Vorhang“ abzubauen.

17. Dezember 1989: Suche nach Stacheldraht

Stattdessen fuhren sie weiter nach Laa an der Thaya. Das Auswärtige Amt habe ihnen erst am Vortag mitgeteilt, dass wir “eine große Veranstaltung abhalten werden, mit der Andeutung, dass der Eiserne Vorhang durchtrennt wird”, erinnerte sich Manfred Fass. dem alten Rathaus, am Ortseingang von Hevlin – der Nachbarstadt von Laa – ein Stück Stacheldraht gefunden. Das Alte…