Ob Antibiotika bei Blasenentzündungen oder häufige Pflaster bei Krebs: Viele Behandlungen sind laut Experten unnötig.

                            Autorin: Mareike Rehberg-Sossidi                             

«Ich mache einmal im Jahr einen Gebärmutterhals-Check, das finde ich wichtig», sagt Vivienne P. «Wenn es möglich ist, regelmässig zu checken, sollte man es regelmässig machen», stimmt Pina K. dem Tenor einiger Frauen in der Zürcher Innenstadt zu es ist ziemlich einhellig. In der Gynäkologie gibt es eine Reihe von Maßnahmen und Untersuchungen, die zwar immer noch häufig durchgeführt werden, aber laut Studien und Experteneinschätzung oft unnötig sind. Die Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (SGGG) und der Verein „Smarter Medicine“ haben eine Liste mit den Top 5 der unnötigen gynäkologischen Behandlungen zusammengestellt. Laut Experten ist der jährliche Abstrich vom Muttermund unnötig. Studien würden zeigen, dass ein Abstrich alle drei Jahre ausreicht. Auch die antibiotische Standardbehandlung von Zystitis ist auf der Liste gelandet. Da die meisten dieser Infektionen von selbst ausheilen und Antibiotikaresistenzen ein großes Problem darstellen, müssen Frauen mit unkomplizierten Blasenentzündungen nur viel trinken und entzündungshemmende Medikamente wie Ibuprofen einnehmen. Weiter auf der Liste stehen routinemäßige Hormontests bei Wechseljahresbeschwerden, ungerechtfertigte Behandlung von Myomen oder Entfernung der Gebärmutter aufgrund von Myomen sowie operative Entfernung gutartiger Ovarialzysten ohne akute Beschwerden. Wie bei allen Operationen besteht auch bei den letzten beiden Maßnahmen immer die Gefahr von Komplikationen. Mythos: Laut SGGG ist ein Abstrich im Rahmen der regelmäßigen gynäkologischen Untersuchungen nur alle drei Jahre vorgeschrieben. Getty Images/Nikola Ilitch Die Schweizerische Patientenorganisation SPO begrüsst die Liste. „Solche Listen sind als Entscheidungshilfe für Patienten sinnvoll“, betont SPO-Geschäftsführerin Susanne Gedamke gegenüber SRF. Die Organisation selbst ist im Smarter Medicine Board vertreten. Gedamke kritisiert lediglich den Kommunikationsaspekt: ​​„Die Liste allein reicht nicht“, sagt Gedamke, die Informationen und Erläuterungen müssten von den Ärzten eingearbeitet werden. Patienten haben aber auch die Pflicht, aktiv Fragen zu stellen. Oft fehlt noch das Verständnis dafür, dass viele Behandlungen nicht immer mit deutlichen Verbesserungen einhergehen.

Patienten müssen kritische Fragen stellen

Aber wie können Gynäkologen, die oft Mitglieder der SGGG sind, diese unnötigen Behandlungen durchführen? „Einerseits sind bestimmte Dinge seit Jahrzehnten etabliert, andererseits fragen Patienten danach“, sagt SGGG-Generalsekretär Thomas Eggiman. Die Liste soll dazu führen, solche unnötigen Routinen zu durchbrechen. Genau deshalb gibt es die Liste auch für den Laien in Leichter Sprache, damit Patienten kritische Fragen stellen können. Die Liste sei laut Eggimann durch einen Qualitätsausschuss zustande gekommen, der eine kurze Liste unnötiger Behandlungen erstellt habe. Unnötige Maßnahmen aus der Geburtshilfe wurden weggelassen, sie können später in einer gesonderten Liste erfasst werden. „Alle fünf Punkte der Liste sind durch umfangreiche Studien belegt“, betont Eggimann.